Dienstag, 14. August 2012

Es ist wohl unumgänglich,

daß Menschen die man liebgewonnen hat irgendwann gehen, vor allem wenn sie schon jenseits der 80 sind.
Am Donnerstag ist eine Klientin, die ich wirklich fast täglich betreut habe plötzlich in der Nacht gestorben. Freitag morgen's habe ich es erfahren. Ein Loch in meinem Dienstplan. Den durchgestrichenen Namen an jedem Wochentag anzuschauen schmerzt irgendwie. Das Loch ist nicht nur in meinem zeitlichem Dienstplan, nein auch irgendwie an meinen realen Vormittagen. Wenn man fast täglich zu einem Menschen geht, baut sich mit der Zeit eine Beziehung auf, sofern die Chemie stimmt. Gewohnheiten entstehen, irgendwann wird man ein eingespieltes Team.
Sonntag nachmittag meine verzweifelten Versuche meine Hühner auf die Hühnerleiter zu bringen. Mir schießt der Gedanke durch den Kopf: "Das muß ich ihr morgen erzählen, da kann sie darüber lachen". Ach nein - lebt ja nicht mehr. Wie eine leere Stunde im Dienstplan. Eine Leere im Herzen. Die Geschichte mit den Hühnern kann ich ihr nun nicht mehr erzählen.
Nein, nein, versteht mich nicht falsch, ich kann mich durchaus abgrenzen, aber vielleicht habe ich sie doch mehr ins Herz geschlossen, als mir eigentlich bewußt war und das ist ja auch gar nicht verwerflich.
Es wurde oft fast eine Herausforderung am Morgen. Bringe ich sie zum Lachen? Wenn es ihr schlecht ging, weil sie sich müde, alt und nutzlos fühlt, kann ich sie ablenken, ihrem Leben wieder Freude geben? Fast immer ist es mir gelungen. Vielleicht haben wir gut harmoniert, konnten über die selben Sachen lachen.
Als mir vor kurzem eine Schwiegertochter erzählte, daß sie immer jammert, wenn ich nicht da bin, habe ich mich gefreut, daß ich ihr so wichtig bin und ihr soviel geben kann.
Als mich heute ihre Töchter umarmten und sich bedankten, ist mir ganz warm um's Herz geworden.
Vevilein, ich vergönne es dir von Herzen, daß es schnell ging und du nicht leiden mußtest. Nichts wäre schlimmer gewesen, als wenn du ans Bett gefesselt gewesen wärst. Ich wünschte deinen Töchtern, Enkelkindern und uns beiden wären noch mehr Stunden vergönnt gewesen, ich hatte eigentlich noch einiges mit dir vor. Aber manchmal soll es so sein und ich laß dich gehen, aber ein Loch im Dienstplan und in meinem Herzen hinterläßt du doch.

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Über mich

Mein Bild
Die Idee Dinge des täglichen Gebrauchs selbst herzustellen hat mich immer schon fasziniert. Außerdem liegt es mir sehr am Herzen altes Wissen nicht verloren gehen zu lassen. Manchmal könnte man mich als Konsumverweigerin bezeichnen, allerdings bin ich den modernen Dingen durchaus nicht abgeneigt, ich habe nur etwas gegen die Wegwerfgesellschaft. Ich habe einen Hang zu alten Dingen, sei es nun Möbel, altes Geschirr, Klamotten. Bücher stehen in stetiger Konkurrenz mit meiner Spinnerei. So lese ich gerne Bücher über den asiatischen Raum, ab und zu Fantasy und sozialkritische Bücher und natürlich sammle ich Bücher über Spinnen, Färben, Handarbeiten. Wie könnte es anders sein. Nebenbei habe ich auch noch den unseligen Hang Kochbücher zu sammeln, gekocht wird dann allerdings in den meisten Fällen "Schnelle Küche". Zur Erntezeit muß ich allerdings das Spinnzeug weglegen und auch mal in die Küche bzw. vorher in den Garten gehen. Dann wird eingekocht und eingemacht. Ich habe zum Leidwesen meines Mannes den Hang bei dem Anblick von Wollfasern alles um mich herum zu vergessen und natürlich Unmengen an Spinnfutter gehortet.