Mittwoch, 4. Mai 2011

Woll- und Spinntag im Kindergarten

Vor einiger Zeit hat mich die ehemalige Kindergartentante meiner Tochter angerufen und mich gebeten mit ihrer Gruppe einen Wollverarbeitungsvormittag zu machen.
Anlaß war, daß sie ihr altes Spinnrad, welches auf ihrem elterlichen Bauernhof stand, in die Gruppe hineingestellt hat und die Kinder mit ihren Fragen nicht mehr aufhörten.
Zuerst haben sie im Alleingang versucht rohe Frühjahrswolle zu waschen, aber das hat nicht so ganz geklappt. Also bin ich heute mit meinem robustem Louet, jeder Menge gewaschener Rohwolle aus der Herbstschur sowie meinem Kardiertier und noch einigen Fasern zum Befühlen und Riechen und natürlich Handspindeln im Kindergarten eingetrudelt. Mit durfte auch das kleine Stoffschaff "Schnucki" meiner Tochter. Wir haben die 23 Kinder in 2 Gruppen geteilt und zwar die 5-6jährigen und dann die Gruppe der kleineren Kinder. Zur Verfügung hatte ich jeweils eine Stunde, also nicht sehr viel.
Im Vorfeld hat die Tante bereits kardierte Wolle von mir mit Ostereierfarben mit den Kindern gefärbt. Die wollten wir dann bunt zusammenkardieren.
Anfangs haben wir über die Schafe gesprochen und daß diese nicht immer am Bauernhof gelebt haben und wie wohl die Menschen auf die Idee gekommen sind Wolle zu verarbeiten. Also haben wir Faserstücke auf den Knien und mit den Händen gerollt. Damit wollten sie gar nicht mehr aufhören und jeder hat stolz sein Fädchen präsentiert.
Dann haben wir die gewaschene Rohwolle zerzupft und mit den Kindern gemeinsam das gefrässige Kardiertier gefüttert. Sie mußten aufpassen, daß sie das Kardiertier nicht zu viel füttern, da es sonst Verstopfung bekommt. Das war eine Begeisterung, als wir unser erstes Batt vom Kardiertier holten. Dann haben wir die gefärbte Wolle wild auf dem Kardiertier gemischt. Schließlich habe ich ihnen noch gezeigt, wie es vom Fasern rollen zur Handspindel kommt. Und schließlich durfte noch jeder am Spinnrad mit meiner Hilfe verzwirnen. Das heißt, ich habe die Fäden geführt und die Kinder haben Spinnrad getreten. Und natürlich wurden Fasern gefühlt und berochen. Ich bin sehr knapp ausgekommen mit der vorgegebenen Zeit, aber das hat schon so gepaßt. Ewig währt die Aufmerksamkeit von so kleinen Kindern ja auch nicht.
Die zweite Gruppe waren dann die ganz Kleinen und mit denen ging es irgendwie noch besser, entweder, weil ich alles zum 2. Mal erzählte oder weil es eine ruhigere Gruppe war.
Besonders berührt hat mich ein kleiner 4jährigerZwillingsjunge, der sprachlich und motorisch etwas weiter hinten ist. Er war sehr geschickt mit der Handspindel, hat mit jedem Vlies ewig gekuschelt und hat alles mögliche wissen wollen (vielleicht auch, weil seine Mama Schafe hält). Er war der letzte, der aus dem Raum ging und ich habe sogar mit ihm 15 Minuten überzogen, weil er unbedingt noch ein buntes Batt machen wollte. Er hat das mit soviel Gefühl gemacht, ich war echt beeindruckt. Er hat sich das bunte Batt dann behalten dürfen, wie einen Schatz hat er es vor sich in den Garten getragen. Das war so lieb.
Mir hat dieser Vormittag heute echt viel gegeben, es war so nett und die Kinder waren alles so interessiert und neugierig, es hat wirklich viel Spaß gemacht.
Und zum Abschluß habe ich dann noch das Spinnrad der Kindergartentante in Gang gebracht und ihr verkünden dürfen, daß es eigentlich ab sofort spinnbar ist, sie muß nur die verrosteten Häkchen erneuern. Ein absolut funktionsfähiges Spinnrad. Interessant habe ich den aus Baumwollgarn gehäkelten Treibriemen gefunden. Sehr interessante Idee, so etwas zu häkeln. Ich muß aber sagen, sie hat echt Mut das Spinnrad in eine Gruppe von 23 Kindern zu stellen, da wird ganz schön wild darauf herumgetreten. Die Kinder haben die Tante natürlich sofort festgenagelt, sie müsse jetzt spinnen lernen und ganz viel üben, damit sie es ihnen zeigen kann. :)
Es war ein ganz wunderbarer Vormittag, zumal es ja die Gruppe ist, in welcher meine Tochter 3 Jahre in den Kindergarten ging. Da kommen fast sentimentale Gefühle auf.

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Über mich

Mein Bild
Die Idee Dinge des täglichen Gebrauchs selbst herzustellen hat mich immer schon fasziniert. Außerdem liegt es mir sehr am Herzen altes Wissen nicht verloren gehen zu lassen. Manchmal könnte man mich als Konsumverweigerin bezeichnen, allerdings bin ich den modernen Dingen durchaus nicht abgeneigt, ich habe nur etwas gegen die Wegwerfgesellschaft. Ich habe einen Hang zu alten Dingen, sei es nun Möbel, altes Geschirr, Klamotten. Bücher stehen in stetiger Konkurrenz mit meiner Spinnerei. So lese ich gerne Bücher über den asiatischen Raum, ab und zu Fantasy und sozialkritische Bücher und natürlich sammle ich Bücher über Spinnen, Färben, Handarbeiten. Wie könnte es anders sein. Nebenbei habe ich auch noch den unseligen Hang Kochbücher zu sammeln, gekocht wird dann allerdings in den meisten Fällen "Schnelle Küche". Zur Erntezeit muß ich allerdings das Spinnzeug weglegen und auch mal in die Küche bzw. vorher in den Garten gehen. Dann wird eingekocht und eingemacht. Ich habe zum Leidwesen meines Mannes den Hang bei dem Anblick von Wollfasern alles um mich herum zu vergessen und natürlich Unmengen an Spinnfutter gehortet.