Donnerstag, 17. November 2011

Probeliegen Geschichten vom Tod...

dieses Buch ist mir heute in der Bibliothek in die Hände gefallen. Das Cover des Buches zog mich magisch an, ein Leichenwagen und - ja ich bin ein "Six feet under" Fan, sonst hätte ich es wahrscheinlich liegen gelassen.

Mittlerweile habe ich die Hälfte durch und bin sehr nachdenklich. Weil ich doch eigentlich beruflich doch viel mit dem Verfall und der Konfrontation mit dem Sterben zu tun habe.
Wir neigen gerne dazu diese Gedanken wegzuschieben, diese Gedanken ans Altwerden, an das Nichtmehrkönnen, hier im Dialekt "nicht mehr sovüi sein". Oft höre ich den Wunsch "Ach könnte ich doch endlich sterben". Bei manchen, die ich gut kenne und spüre, daß da noch viel Freude am Leben ist - ein Ausflug, ein Besuch bei einer Verwandten, das Strickzeug, sage ich dann oft "du wirst vielleicht noch gebraucht" oder "du hast vielleicht noch eine Aufgabe zu erledigen und darum holt der liebe Gott dich noch nicht". Meist strahlen sie mich dann an und meinen "du hast wohl recht". Manchmal aber, wenn ich höre "ach könnte ich doch einfach einschlafen", fällt mir gar nichts rechtes dazu ein, weil ich spüre, das ist ernst gemeint, da will wer wirklich nicht mehr und hält das Leben nur mehr für eine Qual. Dann gibt es eigentlich nicht viel Worte dafür, weil - ermöglichen kann ich das nicht. Ich streichle dann und sag einfach "ich verstehe dich und das wäre wohl der schönste Tod". Ich erzähle dann oft von einer Tante, die mit 90 im Vollbesitz ihrer Kräfte nach dem Mittagsschlaf einfach nicht mehr aufgewacht ist. Das tröstet ein wenig, gibt Hoffnung, daß es vielleicht bei ihnen auch so sein könnte. Solche Gespräche führe ich oft und nicht einmal ungern, weil ich das Gefühl habe, daß das Gespräch darüber ein wenig hilft. Weil oft die eigenen Angehörigen da nichts hören wollen.

Dieses Buch hat mir das wieder vor Augen geführt - daß dieser Umgang mit dem Tod für uns Junge oft etwas ist, daß wir beiseite schieben, für die Alten aber ein sich tägliches Befassen ist. Jeder Tag könnte der letzte sein, aber darüber mag man in jungen Jahren nicht nachdenken, obwohl möglich ist ja alles.
Auch über den Verfall des menschlichen Körpers steht viel in diesem Buch. Aber hat nicht alles auch etwas Schönes? Hat nicht jeder Mensch etwas Schönes auch im Alter? Wir sind alle ganz fixiert auf perfekt sein, auf jugendliches Aussehen, auf einen strahlenden Teint. Aber egal, wieviel Operationen und wieviel Schminke irgendwann wird man vom eigenen Verfall eingeholt und dann gilt es ganz genau zu schauen. Schönheit ist eine Variable. Schönheit ist wandelbar und für jeden anders. Ich sehe dann die hübschen immer noch schlanken Beine oder die nach wie vor schöne Haut. Und es freut auch eine 80jährige, wenn man ihr darüber Komplimente macht. Die Eitelkeit bleibt nämlich erhalten.
In diesem Sinne werde ich jetzt wohl schlafen gehen und mich auf einen neuen Tag freuen, es könnte ja der letzte sein. :)
Und falls ich auch jetzt schockiert habe - es liegt an der Uhrzeit, gegen 23.30 Uhr bin ich oft in philosphischer Laune.

1 Kommentar:

  1. Du hast recht. Meine Oma hat mal gesagt: "Ich bin eine Frau von einem Tag!" Da war sie ungefähr 96 Jahre alt. Schließlich ist sie 99 geworden und war dem Leben bis dahin herzlich überdrüssig. Nicht im schlechten Sinne, sondern sie meinte, daß sie jetzt alles im Leben ausgekostet hätte, was sie auskosten wollte und nun würde es so langsam aber sicher lästig werden. Zumal sie ihre geliebten Groschenromane nicht mehr lesen konnte. Ich habe sie gut verstanden und ihr das auch gesagt.
    Mein Mann und ich arbeiten auch in einem Beruf, der einem täglich vor Augen führt, wie sterblich wir sind. Es bedarf nur eines kurzen und völlig überraschenden Scherenschnittes und schon ist der Faden durchtrennt.
    Daher stehe ich jeden Morgen mit ihm in aller Hergottsfrühe auf um gemeinsam zu frühstücken und ihn beim Verlassen der Wohnung bis zur Haustüre zu begleiten und ihm zu sagen, daß ich ihn liebe und er auf sich aufpassen soll.
    Ich mag am Ende oder in der Mitte des Tages nichts bereuen müssen, falls uns das Schicksal ereilt.

    LG von Juliane

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Über mich

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Die Idee Dinge des täglichen Gebrauchs selbst herzustellen hat mich immer schon fasziniert. Außerdem liegt es mir sehr am Herzen altes Wissen nicht verloren gehen zu lassen. Manchmal könnte man mich als Konsumverweigerin bezeichnen, allerdings bin ich den modernen Dingen durchaus nicht abgeneigt, ich habe nur etwas gegen die Wegwerfgesellschaft. Ich habe einen Hang zu alten Dingen, sei es nun Möbel, altes Geschirr, Klamotten. Bücher stehen in stetiger Konkurrenz mit meiner Spinnerei. So lese ich gerne Bücher über den asiatischen Raum, ab und zu Fantasy und sozialkritische Bücher und natürlich sammle ich Bücher über Spinnen, Färben, Handarbeiten. Wie könnte es anders sein. Nebenbei habe ich auch noch den unseligen Hang Kochbücher zu sammeln, gekocht wird dann allerdings in den meisten Fällen "Schnelle Küche". Zur Erntezeit muß ich allerdings das Spinnzeug weglegen und auch mal in die Küche bzw. vorher in den Garten gehen. Dann wird eingekocht und eingemacht. Ich habe zum Leidwesen meines Mannes den Hang bei dem Anblick von Wollfasern alles um mich herum zu vergessen und natürlich Unmengen an Spinnfutter gehortet.